Die kognitive Entwicklung nach J. Piaget

Kapitel 3: Was hat sich Piaget denn hierbei gedacht? / Piagets Grundbegriffe

Autoren: Kathrin Niehoff & Lars Pongrac

In diesem Kapitel starten wir direkt mit einer Aufgabe zum stummen Bildimpuls unten.

Aufgabe: Schaue dir den einleitenden Bildimpuls (siehe unten) an. Was glaubst du, ist hier schiefgelaufen. Mache dir stichpunktartige Notizen.

Bildimpuls

Internetfund - Kind mit Strohhalm

Mögliche Fragen zum Bildimpuls:

  • Was sehe ich? (beschreiben)
  • Welche Gedanken kommen mir spontan in den Sinn? 
  • Was verblüfft oder überrascht mich?
  • Welche thematischen Bezüge kann ich herstellen?
  • Kann ich das Bild unter Berücksichtigung des Themas erklären?

In diesem Kapitel geht es um die zentralen Grundbegriffe im Zusammenhang mit Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung. Nach der Bearbeitung dieses Kapitels sollten Sie in der Lage sein, den einleitenden Bildimpuls vor dem Hintergrund der Theorie erklären zu können.

Zentrale Grundbegriffe der Theorie Piagets sind: kognitive Schemata, kognitive Struktur, Assimilation, Akkommodation, Äquilibration.

Kognitive Schemata und kognitive Struktur

Kognitive Schemata stellen den Grundbaustein des menschlichen Wissens dar. Als geistige Struktur, ähnlich einer Karteikarte, helfen sie dem Menschen bei der Interpretation seiner Umwelt. Laut Piaget strebt der Mensch nach einem ständigen Gleichgewichtszustand. Die treibende Kraft zum Erreichen dieses Zustandes ist ein komplexer Anpassungsprozess (Adaption) des menschlichen Organismus an seine Umwelt, den Piaget als Äquilibration bezeichnet. Die Adaption des vorhandenen Schemas an eine unbekannte Situation erfolgt mittels der beiden Prozesse Assimilation und Akkommodation. Bei einem Säugling sind zunächst noch sehr wenige solcher Schemata oder Karteikarten vorhanden. Der Säugling verfügt in den ersten Lebensmonaten lediglich über Handlungsstrukturen. Er greift z. B. einen Schnuller und bekommt zusätzlich einen positiven Zuspruch der Eltern. Durch diese Erfahrung wiederholt er sein Verhalten, entwickelt Routinen und festigt das entsprechende Schema. Die kognitiven Strukturen werden aus den verschiedenen Schemata gebildet, die mit zunehmender Auseinandersetzung mit der Umwelt immer komplexer werden. Sie lassen sich wie folgt unterteilen:

  • Sensorische Schemata (sind angeboren, z. B. greifen, sehen)
  • Begriffliche Schemata (z. B. Blumen, Vögel)
  • Operatorische Schemata (klassifizieren, zuordnen)

Das Prinzip der Adaption durch Assimilation und Akkommodation

Erinnerst du dich noch an die Grundannahme Piagets aus Kapitel 2, die besagt, dass wir ständig dabei sind unser Wissen anzupassen. Dieses ständige Streben nach einem inneren Gleichgewicht nennt Piaget Äquilibration. Unter Assimilation versteht man einen Angleichungsprozess der Außenwelt an die jeweilige Form des Denkens. Das Kind nimmt etwas wahr, diese Erfahrungen mit der Umwelt werden mit vorhandenen kognitiven Schemata abgeglichen und verarbeitet. Es kann sich auf vergangene Erfahrungen beziehen und mit der aktuellen Situation zurechtkommen. Wenn das Kind nicht in der Lage ist die neuen Eindrücke zu assimilieren, bleibt der kognitive Konflikt bestehen. Es folgt die Akkommodation, indem es die vorhandenen Strukturen, bzw. kognitiven Schemata erweitert, verändert oder abbaut. 

Beispiel: Das Kind kennt bereits einen Apfel und weiß, wie es diesen essen kann. Nun bekommt es zum ersten Mal eine Birne zu essen. Es versucht auf seine Erfahrungen und kognitiven Schemata des Apfels zurückzugreifen. Es assimiliert, dass die Birne zwar etwas anders schmeckt, aber dem Apfel sehr nahe kommt. Beim Essen muss das Kind sich nicht groß umstellen. Bekommt das Kind nun eine Walnuss, ist es möglicherweise erst irritiert, da diese ganz anderes aussieht und auch ganz hart in der Schale ist. Das Kind kann jetzt nicht auf sein kognitives Schema des Apfels zurückgreifen. Es muss sein Verhalten adaptieren (anpassen) und akkomodieren. Das Kind merkt, dass es nicht in die Walnuss beißen kann, sondern diese erst knacken muss. Folglich ändert es seine individuellen Strukturen.

Die inneren kognitiven Strukturen werden so lange verändert und angepasst, bis wieder ein Gleichgewicht hergestellt ist. Kognitive Strukturen sind sowohl das Ergebnis als auch die Voraussetzung der Anpassung. Es ist nicht immer einfach zwischen der Akkommodation und Assimilation zu differenzieren, da diese oftmals auch zeitgleich ablaufen.

Aufgabe: Schaue dir die Abbildungen (oben) an und erkläre die fachlichen Zusammenhänge in einer kurzen Audioaufnahme. Nutze als inhaltliches Beispiel den einleitenden Bildimpuls „Internetfund – Kind mit Strohhalm“.

  1. Schaue dir die beiden Abbildungen (oben) genau an. Bei Bedarf kannst du die Abbildungen auch herunterladen und ausdrucken.
  2. Erkläre die Abbildung „Äquilibration – Adaptionsleistung durch Assimilation und Akkommodation“ in einer kurzen Audioaufnahme. Beziehe als inhaltliches Beispiel den einleitenden Bildimpuls „Internetfund – Kind mit Strohhalm“ mit ein. Nutze dazu den Rekorder in der nächsten Lernaktivität.
  3. Sichere deine Audiodatei zunächst auf deinem Gerät ab und lade diese anschließend im LMS (Moodle, ILIAS etc.) deiner Bildungseinrichtung hoch.

Nutze bei Bedarf den folgenden Satzanfang:

 

“Bisher hat das Kind vermutlich nur aus einfachen Bechern getrunken und noch nie einen Strohhalm gesehen oder ausprobiert …”

Digitale Klasse: Begib dich zum vereinbarten Termin in die digitale Klasse. Deine Lernbegleiterin bzw. dein Lernbegleiter sendet dir eine Einladung mit den entsprechenden Informationen (Termin, Zugangsdaten bzw. -Link) zu.

Kooperativer Austausch: Nutze das Kursforum im Kursbereich deines LMS um dich über das zuvor bearbeitete Kapitel auszutauschen, zu diskutieren und ggf. offene Fragen zu klären.

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Dieses Lernarrangement zitierst du so:

Niehoff, K. & Pongrac, L. (2020). Die kognitive Entwicklung nach J. Piaget. TafakariHub. https://tafakari.de/tafakarihub

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