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Die kognitive Entwicklung nach J. Piaget

Kapitel 2: Wer war Piaget und wie dachte er? / Piagets Grundannahmen

Autoren: Kathrin Niehoff & Lars Pongrac

Wer war Piaget?

Aufgabe: Höre dir den nachfolgenden Radiobeitrag des Senders BAYERN 2 aufmerksam an (Dauer: 20 Min.) und beantworte im Anschluss die Fragen in der nächsten Lernaktivität (Question Set).

Hier hörst du: Jean Piaget Das Weltbild des Kindes. Ein Radiobeitrag von: Gabriele Bondy

Beitrag veröffentlicht am: Mittwoch, 08.10.2014, 15:05 bis 16:00 Uhr auf BAYERN 2

Piaget (“Jean Piaget in Ann Arbor” by Unidentified Author, Quelle: https://commons.wikimedia.org, Abb. gemeinfrei)

Jean Piaget

Jean Piaget wurde am 09. August 1896 als Sohn eines Professors für mittelalterliche Literatur in Neuchâtel (Schweiz) geboren. Er studierte in Neuchâtel Naturwissenschaften, wo er 1918 über die Mollusken (Weichtiere) des Schweizer Kantons Wallis promoviert.

 

Zwischen 1925 und 1929 erhielt er eine Professur der Philosophie an der Universität von Neuchâtel, ab 1929 eine Professur für die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens an der Universität Genf. 1940 wurde er Direktor des psychologischen Laboratoriums der Universität Genf. 

 

Piaget gründete 1955 in Genf das ‘Centre International d’Epistémologie génétique’. Bis zu seinem Tode am 16.09.1980 in Genf blieb er als Leiter engagiert. Besonders interessierte er sich für die Entwicklung des kindlichen Denkens. Seine drei Kinder dienten ihm als Beobachtungsobjekte zur Entwicklung von Intelligenz und Spracherwerb. Er gilt noch heute als einer der bedeutsamsten Entwicklungspsychologen. Während seines Lebens erhielt Piaget über 30 Ehrendoktortitel.

Quelle und Literatur: 

Arnold, W., Eysenck, H. J. & Meili, R. (1996). Lexikon der Psychologie. Bechtermünz.
Lück, Helmut E. & Miller, Rudolf (1999). Illustrierte Geschichte der Psychologie. Beltz

Lernaktivität: Question Set

Piagets Grundannahmen

Piaget war ein sehr einflussreicher Entwicklungspsychologe des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine entwicklungspsychologischen Forschungen begann er aus der Perspektive des Naturwissenschaftlers, indem er u. a. biologische Wachstums- und Veränderungsprozesse beschrieb. Auch die Entwicklung seiner drei Kinder und ihre Reaktionen in spontanen alltäglichen Situationen beobachtete er ganz genau. Aus seinen Beobachtungen leitete er wichtige Erkenntnisse für seine Theorien ab.

 

Piaget ging davon aus, dass die kognitive Entwicklung des Kindes aufgrund biologischer Merkmale in der Reihenfolge und Geschwindigkeit begrenzt ist. Folglich geht es bei der Entwicklung nicht darum, etwas höher, schneller, oder weiter zu können. Vielmehr müssen sich die kognitiven Kompetenzen langsam entwickeln und reifen. So hilft es dem Kind nicht, ihm Erfahrungen zu ersparen oder diese vielleicht sogar abnehmen zu wollen. So entzieht man ihm möglicherweise die Chance sich weiterzuentwickeln. Oder ganz pragmatisch formuliert: keine Erfahrung – keine Entwicklung. Erst durch die Reifung des Nervensystems und der Nervenstrukturen eines Säuglings sowie seiner Erfahrungen und Interaktion mit der Umwelt ist eine kognitive Entwicklung möglich. Das Konzept der Objektpermanenz z. B. begreifen Säuglinge erst dann, wenn sich ihre Nervenstrukturen ausreichend entwickelt haben und sie entsprechende Erfahrungen mit einem Objekt gemacht haben. Piaget ging davon aus, dass es eine Universalität (Allgemeingültigkeit) der Entwicklung kognitiver Strukturen, Vorstellungen und Operationen gibt, die auf alltäglichen Erfahrungen beruht und schließt eine Vererbung damit aus. Ebenso ging er davon aus, dass Kinder mit der Zeit lernen, in abstrakten Kategorien zu denken.

Beispiel: Schon sehr junge Kinder sind fähig einen Hund in die Kategorie der Säugetiere oder Haustiere einzuordnen. Und wenn sie eine Katze sehen, wissen sie es ist ein Tier, aber kein Hund.

Beim Denken in Kategorien helfen kognitive Strukturen, die sich im Gehirn bilden und immer weiterentwickeln. So lernen Kinder mit der Zeit, dass sich Kategorien in mindestens zwei kleinere Einheiten teilen lassen. Die Kategorie Tiere z. B. lässt sich unterteilen in Hunde und Tiere, die keine Hunde sind. Auf gleiche Weise erkennen Kinder auch, dass Objekte und Ereignisse der Größe nach geordnet werden können. Dieses Wissen erwerben die Kinder durch die Interaktion mit anderen Personen oder Objekten.

 

Eine weitere Hauptthese von Piaget bezieht sich auf das aktive und konstruierende Kind, das stets neugierig und erfinderisch unterwegs ist. Er geht davon aus, dass Wissen immer das Ziel hat, bei der Anpassung an die Umwelt zu helfen. Kinder suchen nach Herausforderungen, sind forschend und entdeckend unterwegs. Sie suchen nach Lösungen, wenn sie nicht weiterkommen und probieren sich aus, wenn man ihnen dafür Raum lässt. Kinder konstruieren ihre Welt, indem sie ihr „Rohmaterial“ aus Eindrücken, Gerüchen, Geräuschen etc. ordnen. Und genau an dieser Stelle setzte Piaget in seinen Experimenten an, er beobachtete Kinder, wie sie diese Informationen verarbeiten, interpretieren oder verwandeln. Erwachsene und Kinder versuchen ihren Erfahrungen einen Sinn zu geben und ihr Wissen effektiver und zusammenhängender zu strukturieren. Die Annahme, dass Kinder ihre Umwelt aktiv konstruieren, hat folglich wichtige Konsequenzen für die Pädagogik: Kinder entwickeln sich am besten, wenn sie ihre Umwelt aktiv explorieren können.

Quelle und Literatur: 

Gudjons, H. (2001). Pädagogisches Grundwissen (7. Auflage). Klinkhardt.
Kavšek, M. (2019). Grundlegende kognitive Entwicklungsprozesse: Objektwahrnehmung. In B. Kracke & P. Noack (Hrsg.), Handbuch Entwicklungs- und Erziehungspsychologie (S. 3–26). Springer.
Montada, L. (1987). Die Geistige Entwicklung aus der Sicht Jean Piagets In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (S. 413–462). Psychologie Verlags Union.
Seel, N. M. & Hanke, U. (2015). Erziehungswissenschaft. Lehrbuch für Bachelor-, Master- und Lehramtsstudierende.Springer VS.

Lernaktivität: Question Set

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Niehoff, K. & Pongrac, L. (2020). Die kognitive Entwicklung nach J. Piaget. TafakariHub. https://tafakari.de/tafakarihub

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