Kapitel 8: Anwendungsaufgaben
Autoren: Lars Pongrac & Miriam Struve
Interaktionssequenzen analysieren
Im Abschnitt der Anwendungsaufgaben geht es darum, ausgewählte Interaktionssequenzen genauer unter die Lupe zu nehmen, sie mithilfe eines Rasters zu analysieren und Kommunikationsalternativen zu entwerfen. Das Ziel besteht darin, bisher erworbenes Wissen im Bereich Interaktion und Kommunikation mit Menschen mit Demenz zu überprüfen, anzuwenden und zu festigen.
Aufgabe: Nutze das folgende Analyseraster (siehe Download) um drei der nachfolgend beschriebenen Interaktionssequenzen zu analysieren.
Dateidownload/ Zusatzmaterial: Wir haben dir ein „Analyseraster“ zur Bearbeitung der Interaktionssequenzen (siehe Aufgabe) für deine Unterlagen zusammengestellt.
Hinweis: Die Interaktionssequenzen zwei bis sechs sind im Rahmen des Unterrichts von Lernenden auf der Basis eigener Erfahrungen entstanden.
Interaktionssequenz 1: „Frau Schumacher hortet Lebensmittel“
Kurzporträt von Frau Schumacher:
Frau Schumacher zog vor ein paar Wochen mit 80 Jahren ins Pflegeheim „Am Wannsee“ ein. In der eigenen Wohnung war die Versorgung leider nicht mehr möglich, da das „Unterstützungssystem“ bestehend aus Frau Schumachers berufstätiger Tochter und einigen hilfsbereiten Nachbarn zunehmend an seine Grenzen stieß. Zudem machten viele kleine Gefahrensituationen im Haushalt den Verbleib in der eigenen Wohnung unmöglich. So stellte sich z. B. heraus, dass Frau Schumacher fast täglich unangemessen bekleidet einkaufen ging. Die gekauften Lebensmittel wickelte sie dann in Zeitungspapier und versteckte sie anschließend im Keller. Frau Schumacher musste ihre 4 Kinder in den Nachkriegsjahren ohne die Unterstützung ihres Mannes versorgen (dieser war im Krieg gefallen). Mittlerweile ist Frau Schumacher zeitlich, örtlich und zur Person desorientiert, benötigt Unterstützung bei der Körperpflege, beim Kleiden, bei der Einnahme der Mahlzeiten sowie beim Gang zur Toilette. Frau Schumacher spricht oft von der Vergangenheit und meint, sich um ihre kleinen Kinder kümmern zu müssen. Man kann Frau Schumacher regelmäßig auf den Gängen des Wohnbereiches antreffen. Sie geht dort gerne singend umher und kramt in Schränken und Schubladen. Anderen Menschen gegenüber begegnet sie meist freundlich, hilfsbereit und aufgeschlossen.
Interaktionssequenz:
Die Pflegefachfrau Lara Roth öffnet heute Morgen den Kleiderschrank von Frau Schumacher, um frische Wäsche für den Tag zu entnehmen. Da bemerkt sie die vielen kleinen Obstfliegen sowie einen süßlich-intensiven Geruch, der aus dem Kleiderschrank hervor strömt. Nach kurzer Suche holt sie etwas angeekelt ein verschimmeltes Butterbrot sowie eine stark verfaulte Banane hinter den Oberteilen von Frau Schumacher hervor. Sofort sucht die Pflegende das Gespräch: „Frau Schumacher, schauen Sie mal hier, das geht so nicht! … Das ist ja eklig, da wird einem ja ganz übel. … Sie bekommen bei uns doch jeden Tag genug zu essen und brauchen die Lebensmittel nicht zu horten, was soll das denn?“ Frau Schumacher entgegnet daraufhin sichtlich erregt: „Gib die Sachen wieder her, die brauche ich doch noch!“
Interaktionssequenz 2: „Herr Lauder möchte einen Kopfverband“
Kurzporträt von Herr Lauder:
Herr Lauder ist seit ca. einem Jahr an einer Demenz erkrankt. Er lebt nach dem Tod seiner Frau vor 6 Jahren allein in seiner eigenen Wohnung im Haus der Tochter. Die Tochter ist rund um die Uhr für ihren Vater erreichbar und unterstützt ihn in allen Lebenslagen. Die Situation zu Hause ist noch recht entspannt, weil Herr Lauder in seiner gewohnten Umgebung überwiegend selbstständig ist.
Interaktionssequenz:
Herr Lauder ist zurzeit auf der Unfallchirurgischen Station 3a des Clemenshospitals wegen einer Kopfplatzwunde und Z. n. Sturz stationär aufgenommen.
Er kommt alle 10 Minuten zum Pflegepersonal und fordert einen Verbandswechsel an seiner Kopfnaht. Auf die Ablehnung des Pflegepersonals mit der Begründung schon vor 10 Minuten den Verbandswechsel durchgeführt zu haben, reagiert er gereizt und antwortet laut: „Was? Nein, erzählen Sie keinen Unsinn, ich will jetzt einen neuen Verband!“.
Interaktionssequenz 3: „Frau Behrends erwartet ein Kind“
Kurzporträt von Frau Behrends:
Frau Behrends ist verwitwet und hat vier erwachsene Kinder.
Interaktionssequenz:
Als Pflegerin Ariane Klasse das Zimmer von Frau Behrends betritt, schreit diese panisch rum und hält sich den Bauch. Pflegerin Ariane fragt sie: „Was ist denn los, Frau Behrends?“ Daraufhin Frau Behrends: „Das kommt doch gleich!“ Ariane: „Was kommt gleich?“ Darauf schreit Frau Behrends: „Sehen Sie denn nicht, das ich schwanger bin, mein Kind kommt! Rufen Sie sofort meinen Mann an!“ Ariane: „Das bilden Sie sich ein, in Ihrem Alter wird man nicht mehr schwanger. Frau Behrends: „Nein, nein, was sagen Sie denn da, das sieht man doch!“
Interaktionssequenz 4: „Dagmar will fliehen“
Kurzporträt von Dagmar Klemm:
Keine Angaben.
Interaktionssequenz:
Dagmar stand an einem wunderschönen Nachmittag mit gepackten Koffern auf dem Stationsflur und schrie: „Nina, Nina – komm pack alles Wichtige, was du hast noch ein, zusammen in einen Koffer – wir müssen fliehen.“ Verdutzt fragt die Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin Nina: „Wohin müssen wir fliehen und vor wem?“ Doris antwortet: „Die Russen kommen, warum stehst du noch da? Los!“
Interaktionssequenz 5: „Herr Wenning will mit dem Taxi zum Friedhof fahren“
Kurzporträt von Herr Wenning:
Herr Wenning, 75 Jahre alt.
Interaktionssequenz:
Herr Wenning möchte mit dem Taxi zum Friedhof, wo seine Eltern und sein Bruder begraben liegen. Er nennt dabei eine genaue Adresse und verlangt vehement nach einem Taxi. Die Pflegenden auf der Station kommen der Bitte nicht nach und ignorieren das Verlangen. Herr Wenning wird „wegläufig“ und aggressiv (handgreiflich).
Interaktionssequenz 6: „Herr Kurz sucht seine Eltern in der Hotellobby“
Kurzporträt von Herr Kurz:
Keine Angaben.
Interaktionssequenz:
Herr Kurz läuft seine Eltern suchend auf dem Stationsflur umher. Er glaubt, er würde mit seinen Eltern im Hotel Urlaub machen. Die Eltern seien vor ein paar Stunden auf eine Wanderung aufgebrochen und hätten schon längst zurück sein müssen. Er macht sich große Sorgen und befragt die Hotelgäste (Mitarbeiter, Mitpatienten und Besucher) in der Lobby, ob sie etwas von den Eltern gehört haben.
Aufgabe: Lasse die Themen und (Lern-)Inhalte der vorherigen Kapitel Revue passieren. Erstelle eine Lernlandkarte, die alle für dich relevanten Inhalte, Erkenntnisse und Fragen anschaulich visualisiert.
Dieses Lernarrangement zitierst du so:
Pongrac, L. & Struve, M. (2020). Menschen mit Demenz begleiten. TafakariHub.
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